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Kreisverwaltung gönnt armen Kindern kein Weihnachtsgeld

Oberhavels Dezernent für Arbeit und Soziales hat angekündigt, die von der LINKEN im Kreistag beantragte Auszahlung eines einmaligen Weihnachtsgeldes in Höhe von 75 Euro, in jedem Fall als Einkommen anzurechnen, falls der Antrag am Mittwoch Erfolg haben sollte.

Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Vadim Reimer:

"Die Spitze unserer Kreisverwaltung gönnt armen Kindern in unserem Landkreis keine schönen Festtage, keine Geschenke und keine noch so kleine Unterstützung. Es legt die Bestimmungen der Sozialgesetzbücher zu Lasten der Betroffenen aus und nimmt durch seine Stellungnahme Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Kreistagsabgeordneten. Die Ankündigung der Anrechnung des Weihnachtsgeldes als eine gesetzlich vorgeschriebene Notwendigkeit verschleiert die realen Ermessensspielräume des Jobcenters. Hier soll eine Diskussion mit der rechtlichen Keule unterbunden werden. Dabei gibt es sowohl im SGB II als auch im SGB XII Regelungen, die genau solche einmaligen Zuwendungen anrechnungsfrei stellen. Die Rechtsauffassung des Sozialdezernenten ist ein Schlag ins Gesicht für alle Kinder im Sozialleistungsbezug. Wir halten weiterhin daran fest, dass wir armen Kindern ein Weihnachtsfest mit Festessen, Geschenken und einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ermöglichen wollen. Zumindest einmal im Jahr sollen sie eine solidarische Wertschätzung der Gesellschaft erhalten."

Hintergrund:

DIE LINKE. beantragte bereits am 31.10.2019 unter der Überschrift "Weihnachtsgeldzuwendung für Kinder und Jugendliche im Leistungsbezug nach SGB II, SGB XII, SGB VIII und AsylbLG" eine einmalige Auszahlung von 75 Euro an jedes Kind im Landkreis, das Leistungen nach den eben genannten Rechtsvorschriften erhält.

Die Kreisverwaltung ermittelte auf Anfrage der LINKEN die Anzahl von 3.464 Kindern im Landkreis, denen eine solche Zuwendung zugute kommen würde. Den Landkreis würde unser Vorschlag in Summe 259.800 Euro kosten und 21.511 Euro an Verwaltungsaufwand verursachen, so die Verwaltung. Die Kosten machen damit weniger als 0,06 Prozent des Kreishaushaltes für das Jahr 2019 aus (447 Mio. Euro). Eine Nachtragssatzung wäre nicht notwendig. Bei der aktuellen millionenschweren Rücklage des Landkreises wäre die Finanzierung also kein Problem.

Auf eine Frage der LINKEN im Hauptausschuss des Kreistages, antwortete der Dezernent des Landkreises für Arbeit und Soziales, Matthias Kahl, dass das Jobcenter nach dessen Rechtsauffassung, die Zahlung des Landkreises auf das Einkommen der Kinder anrechnen würde. Auf die Nachfrage, wie diese Auffassung denn zustande kommen würde, obwohl es eindeutige gesetzliche Freistellungsregelungen und keinerlei Rechtsprechung zum Thema gäbe, gab Herr Kahl nur eine abweisende allgemeine Antwort, dass dies nun mal die Rechtsauffassung des Jobcenters sei. Eine diesbezügliche Nachfrage bei der Bundesagentur für Arbeit sei nicht erfolgt. Der Kreisausschuss lehnte in der Folge mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP/Piraten, Freien Wählern und AfD den Antrag ab, gegen die Stimmen von LINKEN und Bündnis 90/Die Grünen.

Das SGB II sieht in § 11a Abs. 5 vor, dass Zuwendungen eines Dritten, für die keine rechtliche Verpflichtung besteht, anrechnungsfrei bleiben können. Bei der Beurteilung der weiteren Voraussetzungen verbleibt dem Jobcenter ein Ermessensspielraum, wodurch nach der Rechtsauffassung der LINKEN und einiger Sozialrechtsanwälte, das Jobcenter nicht zur Anrechnung verpflichtet wird. Eine ähnliche Regelung stellt § 84 Abs. 2 SGB XII dar. Diese kann auch auf die Leistungsbezieher*innen nach dem AsylbLG angewendet werden kann.