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Ralf Wunderlich

Von der Einheitsgewerkschaft zur Einheizgewerkschaft

In Vorbereitung auf den 1. Mai hatte der DGB Kreisverband und DIE LINKE Oberhavel zu einer gemeinsamen Diskussionsveranstaltung zum Thema Einheitsgewerkschaften eingeladen. Knapp 30 Aktive kamen am Donnerstag in das Sportcasino nach Velten, um nach dem Impulsreferat vom Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) sich rege in die Diskussion einzumischen. Ernst, der seit 1972 Mitglied der IG Metall ist, hat einen wesentlichen Teil seines politischen Lebens in der Gewerkschaft verbracht. Angefangen vom Vorsitzenden des Ortsjugendausschusses der IG Metall und der DGB Jugend in München über den Gewerkschaftssekretär in der Stuttgarter IG Metal, der er nach seinem Studium zum Diplom-Volkswirt und Diplom-Sozialökonom wurde, bis hin zum ersten Bevollmächtigten in Schweinfurt, zu dem er 1995 erstmalig gewählt wurde. Klaus Ernst war aber auch einer der tragenden Säulen bei der Gründung der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die später mit der PDS in der Partei DIE LINKE aufgegangen ist. Zuvor wurde er als Mitinitiator der „Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“  nach 30 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD ausgeschlossen. 2010 wurde Ernst zum Vorsitzenden der LINKEN gewählt, deren stellvertretenden Vorsitzenden er vorher war. 2005 schaffte er als Spitzendkandidat zur Bundestagswahl für DIE LINKE in Bayern den Sprung in den Bundestag, wo er seit 2013 stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist. Das er die Themen Arbeits-, Sozial-, und Gewerkschaftspolitik im Bundestag besetzt ist nahe liegend.
„Vor dem Hintergrund der historischen aber auch aktueller Entwicklungen, wie zum Beispiel Spartengewerkschaften und Tarifeinheitsgesetz,  wollen und müssen wir die neuen Anforderungen an die Einheitsgewerkschaft heute diskutieren.“, hieß es im Einladungsflyer.  Nachdem der Moderator Roland Tröger, der in Oberhavel stellvertretender Vorsitzender des DGB ist, ein paar Worte zur Historie des DGB’s sagte, übernahm Ernst. Er machte auch auf die Risiken einer Einheitsgewerkschaft aufmerksam. „Wir müssen aufpassen, dass wir auch die Interessen aller Mitglieder vertreten.“, mahnte er an. Es ist eine Freude dem Mann aus Schweinfurt zu zuhören. Nicht nur wegen seinem euphonischen Dialekt, sondern auch wegen seiner Dialektik. In anschaulichen Beispielen schafft er es, dass die Verteilungsungerechtigkeit in Deutschland jeder Zuhörerin und jedem Zuhörer klar wird. So ist bei ihm das Bruttosozialprodukt eine Torte, die in jedem Jahr größer wird. SPD und Grüne wollten uns unter Schröder weiß machen, dass wir länger arbeiten müssten, um ein gleich großes Stück von der Torte abzubekommen, was Ernst als absoluten Blödsinn bezeichnet. Die Menschen in Deutschland, also die die sich diese immer größer werdende Torte teilen müssen, werden zwar immer älter, leider aber immer weniger. Die zu verteilenden Tortenstücke müssten also eigentlich bei gleich bleibender Arbeitszeit größer werden. Ernst, der 1984 bei der Organisation der Streiks zur Durchsetzung der 35-Stunden-Woche beteiligt war, stellt die Frage, „Müssen wir nun mehr oder weniger arbeiten um ein gleich großes Stück zu bekommen?“ und bekommt aus dem Publikum „Natürlich weniger“ zur Antwort. In der anschließenden Diskussion ging es dann nicht nur um die Einheitsgewerkschaften. Vom derzeitigen Arbeitskampf über Renten bis hin zur Gesundheit waren die aus dem Auditorium aufgegriffenen Themen. Ein Teilnehmer wollte wissen, ob die Einheitsgewerkschaft für Deutschland vor dem Hintergrund, dass die Unternehmen global agieren, nicht zu kurz gedacht ist. Ernst antwortet: „Selbstverständlich brauchen wir Gewerkschaften die europäisch denken und agieren. Es ist aber schwer alle Interessen unter einen Hut zu bekommen.“ Detlef Almagro Velázquez, Sekretär beim DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg, ergänzt: „Wir haben ja seit 1973 den Europäischen Gewerkschaftsbund, wo auch der DGB Mitglied ist.“ Von Europäisch organisierten Arbeitskämpfen bzw. gemeinsam handelnden Gewerkschaften sind wir aber noch weit entfernt.
Das Fazit des Abends: Ja wir brauchen weiterhin die Einheitsgewerkschaft in Form des DGB. Sie soll  politisch aber parteiunabhängig sein.
Der Moderator wünschte sich zum Schluss, dass aus der Einheitsgewerkschaft eine Einheizgewerkschaft wird.
FdR Ralf Wunderlich