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Kritische Auseinandersetzung anstreben

Man kann es auch so sagen: Die Veröffentlichung des Programmentwurfes wirkte auf die Orts- und Stadtverbände der LINKEN im Kreis Oberhavel wie ein Signal, sich mit dem jetzigen Zustand, vor allem aber mit dem weiteren Weg der Partei auseinander zu setzen. Dass der Kreisvorstand mit der Einladung von Dietmar Bartsch nach Schildow bereits am 3. Februar d. J. einen vorgezogenen Auftakt zur Debatte über unsere zukünftige Programmatik erreichte, hat seine zündende Wirkung für den weiteren Verlauf unserer Diskussion nicht verfehlt. Wie die Erfahrungen mit dem Umgang von Parteiprogrammen zeigen, ist die breite Auseinandersetzung mit ihm bis zur Beschlussfassung die wirksamste Phase im Leben der Partei. Hier ist jeder angeregt, ja aufgefordert, sich selbst Antworten zu geben zum bisherigen Weg der Partei, zum eigenen Beitrag bei der Umsetzung der bisherigen Ziele und zu den großen strategischen Aufgaben, deren Realisierung sich durch die zahlreichen linken Reformprojekte vollziehen soll. Ohne Frage ist die Debatte innerhalb der Parteigruppen bzw. des Ortsverbandes um ein vielfaches fruchtbarer als die sonstige tägliche Parteiarbeit. Das war sowohl dort sichtbar, wo man sich zu einer ersten Aussprache über den Entwurf zusammenfand und sich über die ersten Eindrücke austauschte, wo man die ersten Wertungen aus anderen Parteien zu unserem Dokument vernahm, aber auch Stimmen aus verschiedenen Leitungsebenen und Gliederungen unserer Partei laut wurden. Das hat sehr viele Mitglieder unseres Kreisverbandes angeregt, sich das Programm vorzunehmen bzw. sich die angesprochenen Kapitel genauer anzusehen, z.B. die Krise des Kapitalismus und wie DIE LINKE ihr begegnet, der demokratische Sozialismus und mit wem er zu erreichen ist, die Lösung der Eigentumsfrage und die Möglichkeit bzw. Realität, sie in nur einem Land zu lösen. In mehreren Orts- und Stadtverbänden wurden zur Diskussion über derartige Themen bereits weitere Veranstaltungen durchgeführt. Zahlreiche weitere sind bereits angesetzt bzw. terminlich festgelegt. Meine Einschätzung zum bisherigen Verlauf der Programmdebatte geht von durchweg tiefgründigen und sehr sachlichen Aussprachen aus. Kritische Ansätze im Meinungsaustauschwie bei den Fragen „strenge parlamentarische Kontrolle oder Verbot von Geheimdiensten“, „Verstaatlichung von Schlüsselindustrien“ und weiteren sind als Ausdruck einer sachlichen Wahrnehmung des gesellschaftlichen Umfeldes zu sehen. An der Frage „Woher wir kommen und wer wir sind“ werden sich auch nach Ende der Programmdiskussion viele weitere Fragen und vor allem Emotionen ranken. Der Entwurf ist ein guter Anlass, gerade zu diesem Abschnitt weitere Gesichtspunkte in die Debatte einzubringen. Dem Hinweis von Bernd Ihme von der Programmkommission, veröffentlicht im „Disput“, Juliausgabe, werden wir im Kreisverband jederzeit folgen können und auch so agieren: „Wir sollten Streit nicht scheuen, sondern bewusst eine kritische Auseinandersetzung anstreben. Die Vielfalt von Meinungen und Sichten in der Analyse der gesellschaftlichen Realität und zu den notwendigen Veränderungen sollten wir als Gewinn für den Lern- und Erkenntnisprozess ansehen, der die Mitglieder zu gemeinsamem Handeln zusammenführt. Ohne streitbare inhaltliche Debatten kann DIE LINKE kaum zu einer wirklich gesellschaftsverändernden Kraft werden. Erst in der Auseinandersetzung und im Streit kann immer wieder herausgefunden und herausgebildet werden, was linke Politik in einer jeweiligen gesellschaftspolitischen Situation bedeuten und leisten kann. Mit Streit und Konflikten gilt es in der LINKEN so umzugehen, dass eine lebendige Entwicklung der Partei gefördert und nicht dogmatische Enge und verordnete Geschlossenheit erreicht wird. Aber wir wissen auch, dass im Streiten („um des Kaisers Bart“) ebenso ein enormes destruktives Potenzial enthalten ist, das gemeinsames Handeln blockieren und letztlich verhindern kann.
Günter Pioch
Erschienen in der Kreisinfo 07/08 2010