Erneut Protest anlässlich der Gutscheinausgabe in Hennigsdorf
Asylbewerber, Vertreter von der Flüchtlingsinitiative U.R.I. , vom Hennigsdorfer Ratschlag, Flüchtlingsrat Brandenburg und der LINKEN trafen sich am 3. August anlässlich der vom Landkreis organisierten Gutscheinausgabe vor dem Flüchtlingsheim im Ortsteil Stolpe / Süd von Hennigsdorf.
Während der vorhergehenden Ausgabe im Juli wurde vor den Augen der Demonstranten ein Asylbewerber aus Kamerun rechtswidrig festgenommen und in Abschiebehaft überstellt. Die Aufhebung des Urteils in letzter Minute vor dessen Abschiebung nach Zypern war ein wichtiger Gegenstand der Versammlung am Tor des Heims sowie der restriktive Umgang mit Flüchtlingen durch die Verwaltung des Landkreises insgesamt.
Während der Kundgebung unterschrieben viele Flüchtlinge Anträge auf Bargeldleistungen an den Landkreis. Als Zeichen der Solidarität hatten die Teilnehmer neben dem Tor Bücher, Zeitungen, Kinderspielzeug und Medikamente sowie kulturspezifische Lebensmittel aufgereiht. Seit vielen Wochen steht die Umstellung des diskriminierenden Gutscheinsystems zu Gunsten von Bargeldleistungen im Zentrum der öffentlichen Debatte in Oberhavel.
Alles soll beim Alten bleiben.
Eine einzige Blamage für Oberhavel
Der Kreistag stimmte mit nur einer (!) Stimme Mehrheit für den Antrag Bündnis 90/DIE GRÜNEN/ Die LINKE, der beinhaltete, die Verwaltung aufzufordern auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung die Gutscheine für Asylbewerber durch Bargeld zu ersetzen. Und trotzdem hält die Kreisverwaltung künftig an Gutscheinen fest. Ein wahres Trauerspiel führten Landrat Schröter, Sozialdezernent Garske im Bündnis mit der CDU, Abgeordneten der SPD – wie könnte es anders sein – der NPD - auf: Kein Bargeld für Asylbewerber in Oberhavel, daran soll der Beschluss des Kreistages nichts ändern. Es werden keine Handlungsmöglichkeiten gesehen, obwohl es Bundesländer und andere Kreise vormachen, in dem sie das Asylbewerberleistungsgesetz zu Gunsten der Betroffenen auslegen.
50 Asylbewerber und Unterstützer verfolgten in angespannter emotionaler Stimmung die mehrstündige Debatte der Kreistagsabgeordneten Ihre Vertreter meldeten sich in der Einwohnerfragestunde eindringlich zu Wort.
Zuvor hatten das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Beisein des Flüchtlingsrates Brandenburg und zahlreichen Initiativen einen Appell mit 833 Unterschriften, die in nur wenigen Tagen gesammelt wurden, an den Vorsitzenden des Kreistages Karsten Peter Schröder übergeben und mit beeindruckenden Schilderungen über ihre täglichen Probleme zu überzeugen versucht. Aber selbst er ließ sich nicht beeindrucken. Auch er verweigerte dem Landrat die Gefolgschaft nicht und stimmte gegen den Antrag. Erst muss das Gesetz geändert werden, dann könnte man auch in der Kreisverwaltung handeln. Soviel zu gelebter Demokratie in Oberhavel, zu Courage von abgesicherten Beamten, zu Glaubwürdigkeit und Verwaltungshandeln im Sinne derjenigen, denen es schlecht geht.
Die Frage, die im Raum stehen bleibt, ist, wem nützt diese Unbelehrbarkeit und Sturheit? Welche unheiligen Allianzen werden zwangsläufig gebildet? Es liegt auf der Hand. Dem Ruf von Oberhavel als eine Region, die rassistische Ressentiments, Hass und Gewalt aus dem Alltag verbannen will, sicher nicht.
Angelika Stobinski
Protest vor dem Landratsamt
Protestaktion vor dem Wohnheim in Hennigsdorf
Demonstration kalter Macht
Was die Bewohner des Asylbewerberheims und Teilnehmer an der Protestaktion gegen die Wertgutscheinpraxis am gestrigen Mittwoch in Hennigsdorf erlebten, war die blanke Demonstration kalter Macht durch den Landrat. Das als Drohgebärde wirkende Aufgebot an Polizei in Schwarz, Grün und Blau war nicht zu überbieten. Teilnehmer an der friedlichen Kundgebung um 8.30 Uhr wurden sogar verdächtigt, Waffen bei sich zu führen. Wer sollte hier vor wem geschützt, wer eingeschüchtert werden? Welches Ziel wird hier verfolgt?
Eine durchweg friedliche Demonstration für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in Oberhavel konnte nicht aufgehalten werden, jedoch zunächst eine Lebensmittelspende von der LINKEN. Die Übergabe scheiterte nicht an der Polizei. Auch hier übte der Landkreis konsequent und unbeweglich sein Hausrecht aus nach dem Motto: kein Fußbreit auf das Gelände unseres Asylbewerberheims. Mein mit Einkäufen beladener PKW konnte zunächst das Tor passieren. Als ich entladen wollte, wurde ich zu einem Gespräch mit dem Fachdienstleiter Detlef Kullmann von der Kreisverwaltung gebeten, der mir mitteilte, dass der Landkreis keine Lebensmittel annehmen könne. Auch als ich ihm erwiderte, dass ich davon ausgehe, dass er schon gut gefrühstückt hat, und unsere Spende nicht für die Verwaltungsmitarbeiter gedacht ist, sondern ein Akt der Solidarität mit den Protestierenden und wir den am Einkauf beteiligten Frauen den Weg ins Haus lediglich erleichtern wollten… . Das Argument konnte „verwaltungsrechtlich nicht überzeugen“. Uns allen half wieder die bewährte Menschenkette und der gemeinsame Willen an diesen erbärmlichen Verhältnissen in Oberhavel etwas zu verändern.
Angelika Stobinski
Protest vor dem Landratsamt
Farbanschlag auf das Landratsamt?
Nein! Eine Unterstützungsaktion für die streikenden Flüchtlinge in Hennigsdorf.
Gutscheine statt Bargeld! Gleiche Würde gleiches Recht! und viele Fragen kann man seit letzter der Nacht vor dem Landratsamt lesen. Mit der Spraydose auf den Boden gebracht, sind diese Thesen eine eine kleine Erinnerung an den Landrat. Sie sollen ihm und den Lesern des ausliegenden Bekennerschreibens verdeutlichen, dass er mit seiner Blockadehaltung im Streit um die Gutscheinvergabe an Flüchtlinge im Landkreis, ganz persönlich verantwortlich ist. Wer wie Landrat Schröter gegen den Rat seiner eigenen Partei und zahlreicher Institutionen ein solch diskriminierendes System aufrecht erhält, muss sich dann in diesem Bekennerschreiben auch fragen lassen, ober er vielleicht aus rassistischen oder ausländerfeindlichen Motiven heraus handelt. Die verantwortliche Linksjugend ['solid] jedenfalls erwartet auf diese und andere Fragen eine baldige Antwort. Gleichzeitig hofft sie, dass das menschenverachtende Gutscheinsystem genauso schnell verschwunden sein wird, wie der Regen das verwendete Kreidespray wieder wegwaschen wird.
Das Bekennerschreiben finden Sie unterhalb.
Tag 1 so fing es an
Für den 01.06.2011 hatte U.R.I. Hennigsdorf auf Druck der Asylbewerber zu einer Kundgebung aufgerufen - Kein diskrminierendes Gutscheinsystem mehr im Landkreis. Der Flüchtlingsrat und viele Initativen und Gruppen organisierten Lebensmittel, die vor dem Transparent und neben dem Tor aufgebaut wurden. Diese wurden benötigt, da für diesem Tag die Gutscheinausgabe des Landkreises verhindert werden sollte, was auch gelang.
31.05.2011
Presseerklärung der LINKEN Oberhavel
Diskriminierendes System endlich abschaffen
Kreisvorsitzende Gerrit Große kritisiert die Blockadehaltung des Landrates
„Wir LINKE stehen voll und ganz zur Forderung nach Beseitigung des unwürdigen Gutscheinsystems für Asylbewerber im Landkreis Oberhavel“, erklärt Gerrit Große, Kreisvorsitzende der LINKEN. „Der Landrat sollte endlich die Blockadehaltung aufgeben. Spätestens seit in Brandenburg rot-rot regiert wird, sind erst recht die Möglichkeiten gegeben, genauso wie in mittlerweile 12 anderen Landkreisen, das Asylbewerberleistungsgesetz und seine Auslegung im Interesse der Betroffenen anzuwenden. Asylbewerber, sollten endlich selbst entscheiden können, wofür sie ihr weniges Geld ausgeben und nicht durch das Gutscheinsystem in ihren Grundfreiheiten eingeschränkt werden. Eine Bargeldauszahlung bedeutet die Freiheit festzulegen, ob z. B. ein Medikament oder ein Geschenk gekauft wird oder für eine größere Ausgabe gespart werden soll. Selbst diese einfachen Entscheidungen können in Oberhavel von Asylbewerbern bisher nicht getroffen werden. Das ist menschenunwürdig. Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen und allen, die für eine Veränderung der Wertgutschein-Praxis in Oberhavel eintreten.“